Eine aktuelle Studie legt nahe, dass eine Infektion mit COVID‑19 (SARS-CoV-2) während der Schwangerschaft mit einem leicht erhöhten Risiko für neuro-entwicklungsbezogene Diagnosen einschließlich Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) bei den Kindern verbunden sein könnte. Wichtig zu betonen: Es handelt sich um Assoziationen, keine bewiesene Ursache.
Die Originalstudie: „Neurodevelopmental Outcomes of 3‑Year‑Old Children Exposed to Maternal Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2 (SARS‑CoV‑2) Infection in Utero“ veröffentlicht im Fachjournal Obstetrics & Gynecology (Oktober 2025) – DOI: 10.1097/AOG.0000000000006112.
Studienlage im Überblick
Im Rahmen der Analyse wurden 18.124 Lebendgeburten von März 2020 bis Mai 2021 im Gesundheitssystem Mass General Brigham (USA) ausgewertet. Dabei waren 861 Kinder in utero einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion der Mutter ausgesetzt.
Bei diesen Kindern lag die Rate neuro-entwicklungsbezogener Diagnosen bis zum Alter von drei Jahren bei etwa 16,3 %, im Vergleich zu 9,7 % bei nicht exponierten Kindern. Nach Adjustierung ergab sich ein adjustiertes Odds Ratio (aOR) von etwa 1,29 (95 % CI 1,05–1,57; P = .01).
Besonders betroffen waren Kinder männlichen Geschlechts sowie Fälle von Infektion im 3. Trimester.
Wichtigste Ergebnisse
- Eine Schwangerschafts-SARS-CoV-2-Infektion war mit einem um etwa 29 % erhöhten Risiko für eine neuro-entwicklungsbezogene Diagnose bis drei Jahre verbunden.
- Die absolute Wahrscheinlichkeit bleibt jedoch relativ gering: Der überwiegende Anteil der exponierten Kinder erhielt keine solche Diagnose.
- Höheres Risiko bei Infektion im 3. Trimester und bei männlichen Kindern.
- Die Studie weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich um ein Beobachtungsdesign handelt – ein kausaler Zusammenhang ist nicht belegt.
Was bedeutet das im Kontext von Autismus & Schwangerschaft?
Für Menschen auf dem Autismus-Spektrum, für Eltern und Angehörige ist dieses Ergebnis insofern relevant, als dass es ein weiteres Puzzleteil im Bereich pränataler Einflussfaktoren darstellen könnte. Zugleich bleibt wichtig:
- ASS ist multifaktoriell bedingt: genetische Disposition, Umwelt, Schwangerschaftsbedingungen spielen zusammen eine Rolle.
- Eine Schwangerschaftsinfektion allein ist nicht gleichbedeutend mit einer ASS-Diagnose beim Kind.
- Frühzeitige Entwicklungsüberwachung und – bei Auffälligkeiten – eine gezielte Förderung bleiben sinnvoll.
Limitationen und kritische Betrachtung
- Beobachtungsstudie – keine Randomisierung, daher mögliche Confounder (z. B. Mutter-Alter, Gesundheitszustände, Impfstatus) nicht vollständig kontrolliert.
- Der Untersuchungszeitraum umfasst die frühe Pandemiephase (März 2020–Mai 2021); Impfstatus der Schwangeren war zum Großteil ungeimpft.
- Weitere Studien mit längerer Follow-up (>3 Jahre), anderen Populationen und geimpften Müttern fehlen bislang.
- Auch andere Studien berichten teils keinen signifikanten Effekt – etwa eine Übersichtsarbeit dezent zeigte keine konsistente Assoziation bis 24 Monate.
Was heißt das für unsere Community?
Für unsere Community – insbesondere Menschen mit Autismus, Eltern und Angehörige – bedeutet das:
- Eine gute pränatale Betreuung, Infektionsprävention (z. B. Impfberatung, Hygiene) bleibt wichtig.
- Falls eine SARS-CoV-2-Infektion in der Schwangerschaft stattgefunden hat, kann eine erhöhte Achtsamkeit hinsichtlich frühkindlicher Entwicklung sinnvoll sein – jedoch ohne Panik oder Schuldgefühle.
- Eine Diagnose ASS hängt nicht allein von einer Schwangerschaftsinfektion ab.
- Weitere Forschung kommt und unterstützt eine bessere Einschätzung – wir können Entwicklungen beobachten und diskutieren.
Fazit
Die neue Studie liefert Hinweise darauf, dass eine SARS-CoV-2-Infektion während der Schwangerschaft mit einem moderat erhöhten Risiko für neuro-entwicklungsbezogene Diagnosen bei Kindern verbunden sein könnte. Das Risiko bleibt jedoch relativ gering und viele Fragen sind offen — insbesondere zur Wirkung von Impfungen, zu Langzeiteffekten und Mechanismen. Für unsere Community heißt das: informiert bleiben, ggf. Entwicklung beobachten, aber keine Übertreibung der Risiken.
Zur Originalstudie im Journal Obstetrics & Gynecology
Neue Studie: Schwangerschafts-COVID-19 und erhöhtes Risiko für Autismus-/Entwicklungsauffälligkeiten bei Kindern
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