Sozialleistungen & Unterstützung für Menschen im Autismus-Spektrum

Antworten
Administrator
Site Admin
Beiträge: 19
Registriert: Freitag 30. Mai 2025, 17:05

Sozialleistungen & Unterstützung für Menschen im Autismus-Spektrum

Beitrag von Administrator »

Stand: 05/2025 – sorgfältig recherchiert, aber keine Rechts- oder Steuerberatung. Bei Einzelfällen: Fachanwält*in für Sozialrecht, Steuerberater*in oder Behindertenbeauftragte kontaktieren.

1. Warum dieses Thema wichtig ist
Autist*innen – egal ob mit offizieller Asperger-Diagnose oder anderer Autismus-Form – scheitern häufig nicht an mangelnden Kompetenzen, sondern an einer Umwelt, die auf neu­ro­typische Bedürfnisse zugeschnitten ist. Das Sozialrecht soll hier Barrieren ausgleichen. Leider herrscht ein Para­graphen-Dschungel: SGB IX, XII, XI, II, V, EStG … Wer den Überblick verliert, lässt Geld und Unterstützungs­optionen liegen, die Lebensqualität, Selbst­ständigkeit und Teilhabe entscheidend verbessern können. Dieser Beitrag bündelt darum:

• Leistungen von A (Assistenz­hund) bis Z (Zweitwagen-Regelung)
• Praxis-Tipps für Anträge, Widerspruch und Sozialgericht
• Wichtige Änderungen durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG)
• Ausblicke auf Österreich und die Schweiz für unsere deutschsprachigen Nachbar­länder

Ziel: Nach der Lektüre sollt ihr wissen, welche Ansprüche existieren, wer zuständig ist und wie ihr sie durchsetzt.

2. Schwerbehindertenausweis (SBA) – das Eintrittsticket zu vielen Nachteilsausgleichen

2.1 GdB-Bewertung bei Autismus
Im Versorgungsmedizinischen Grundsatzkatalog (VMG, Teil B, Nr. 3.12) finden sich Richtwerte:
• leichte soziale Anpassungs­probleme → GdB 20–30
• mittlere Ausprägung (dauerhaft erhebliche Teilhabe­einschränkungen in Beruf/Alltag) → GdB 50–60
• schwere Ausprägung (ständige Begleitung, kaum selbst­ständige Lebens­führung) → GdB 70–100

Good Practice:
1. Alle Diagnosen aufführen (ADHS, Angst, Depression, Migräne …).
2. Funktions­einschränkungen objektivieren: Overload-Protokolle, Meltdown-Videos (nach DSGVO anonymisieren!).
3. Arztberichte mit ICF-Schlüssel (b125, d720 …) versehen – Behörden denken in ICF.

2.2 Häufige Merkzeichen
• B – Begleitperson (unentgeltliche ÖPNV-Mitnahme, BahnCard 50 für Begleitende, oft Community-Vorteil für Menschen mit Panik in Menschenmengen)
• H – Hilflos (höherer Steuerpauschbetrag, erhöhter Pflegever­sicherungs­beitrag der Renten­versicherung)
• RF – Rundfunk­gebühren­ermäßigung (ab 2025: 40 % Ermäßigung; bei H >90 % Befreiung)
• G/ aG – Gehbehinderung/ außergewöhnliche Gehbehinderung (selten bei Autismus, aber nicht unmöglich – z. B. bei schwerer Dyspraxie)

2.3 Antrag, Widerspruch, Klage
• Formblatt downloaden (Landes­versorgungsamt).
• Alles als Kopie beilegen – Originale nie mitschicken.
• Bearbeitungs­frist 6 Monate (§ 14 Abs. 2 SGB IX). Danach gilt Untätig­keitsklage.
• Widerspruchsfrist 1 Monat – formlose Mail genügt, Begründung nachreichen.
• Statistik: 41 % der Bescheide werden nach Wider­spruch verbessert (Quelle: BMAS 2023).
• Sozialgericht ist gerichtskostenfrei; Risiko sind nur Gutachter*innen­kosten (übernimmt bei Obsiegen i. d. R. der Staat).

3. Eingliederungshilfe (EGH) nach dem BTHG

3.1 Was ist Eingliederungshilfe?
Leistung zur sozialen Teilhabe (§§ 90 ff. SGB IX). Sie ist einkommens- und vermögens­unabhängig für die (reinen) Fachleistungen – Lebensunterhalt wird separat geprüft.

3.2 Typische Leistungen für Autist*innen
• Assistenz im Alltag (Einkaufen, Freizeit, soziale Kontakte)
• Studien- und Schulassistenz (z. B. Mitschrift, Reizschutz)
• Job-Coaching und Arbeitsplatz­assistenz
• Autismusspezifische Therapien (z. B. SoKo-Training)
• Hilfsmittel, die nicht durch die Krankenkasse gedeckt sind (Noise-Cancelling, strukturierende Apps, Smartwatch)
• tagesstrukturierende Angebote (Tagesstätte, ATZ-Angebote)
• Wohnformen: Ambulant Betreutes Wohnen, Intensiv Ambulant, stationär (Wohnstätte)

3.3 Gesamtplanverfahren & ICF
Seit 2020 Pflicht: Bedarfsermittlung mit ICF-basierten Bögen (z. B. BEI_NRW, B.E.Ni, HMB-W). Ablauf:
1. Antrag stellen (“Ich beantrage Leistungen zur Sozialen Teilhabe gemäß § 102 SGB IX.”)
2. Einladung zur Bedarfsermittlung → Eigener Fragebogen (unbedingt vorher ausfüllen!)
3. Gesamtplan­konferenz mit Leistungs­erbringer*innen & Vertrauens­person
4. Schriftlicher Teilhabeplan – jede Position prüfen, unterschreiben oder widersprechen
Fristen: Bescheid innerhalb von 3 Wochen, bei Gutachten 2 Monate (§ 14 SGB IX).

3.4 Übergangsmanagement Jugend–Erwachsene
Hilfen nach § 35a SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) enden am 18. Geburtstag. Spätestens 6 Monate davor schriftlich um Überleitung bitten, sonst droht Hilfelücke. Viele Kreise bieten ein spezielles Case Management Übergang 18+.

4. Berufliche Teilhabe – vom Coaching bis zum „Budget für Arbeit“

4.1 Reha-Status bei der Bundesagentur für Arbeit
• Formular R0113 („Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“).
• Vorteils-Package: Reha-Berater*in, verlängerter ALG-I-Bezug, LTA-Leistungen.
• Beispiele:
 – Reha-Ausbildung in überbetrieblichen Einrichtungen (häufig in Autismus-Kompetenzzentren)
 – Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB-Reha)
 – Technische Arbeitshilfen: Bildschirmblende, Geräuschampel
 – Mobilitäts­training (ÖPNV, Großraumbüro-Proberäume)

4.2 Integrationsfachdienst (IFD) & Job-Coaching
IFD wird bei vorhandener Stelle aktiv: Arbeitsplatz­analyse, Reizquellen­check, Schulung Kollegium, Kommunikations­brücken bauen. Finanzierung: Integrationsamt, kein Eigenanteil.

4.3 Werkstatt vs. Budget für Arbeit
• Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM): Berufsbildungs- und Arbeitsbereich, Durch­schnitts-Entgelt 246 €/Monat (2024).
Budget für Arbeit (§ 61 SGB IX): Lohnkostenzuschuss bis 75 % des Bruttoarbeitslohns + Beitrag zur Renten­versicherung. Vorteil: „normaler“ Arbeitsvertrag, Tariflohn, Kündigungsschutz.
Budget für Ausbildung (§ 61a) seit 2022: Zuschuss für betriebliche Ausbildung statt WfbM-Reha-Ausbildung.

4.4 Nachteilsausgleiche in Anstellung
• Zusatzurlaub: 5 Arbeitstage/Jahr (ab GdB 50)
• Unkündbarkeit? Nein, aber besonderer Kündigungsschutz: Integrationsamt muss zustimmen.
• Gleichstellung ab GdB 30 (§ 2 Abs. 3 SGB IX) – nützlich, wenn Job gefährdet ist.

5. Monetäre Grundsicherungssysteme

5.1 Bürgergeld (SGB II)
• Regelsatz 2025: 563 € + Miet- & Heizkosten.
• Mehrbedarfe (§ 21):
 – Alleinerziehend (12–60 %)
 – Dezentrale Warmwasserbereitung (2,3 %)
 – Kostenaufwändige Ernährung bei ARFID / selektivem Essverhalten (medizinischer Nachweis nötig)
• Wichtig: Dauerhaft erwerbsunfähig (<3 h/Tag) → Wechsel ins SGB XII, nicht länger Jobcenter.

5.2 Grundsicherung im Alter & bei voller Erwerbs­minderung (SGB XII Kap. 4)
• Regelsatz identisch zum Bürgergeld, aber keine Sanktions­regelungen.
• Vermögensfreigrenze: 10 000 € (Stand 2025).
• Bei stationärem Wohnen: Taschengeld (aktuell 142 €/Monat).

5.3 Erwerbs­minderungsrente (EMR)
• Voraussetzungen: 60 Beitragsmonate in 5 Jahren o. Rentenanwartschaften via WfbM/Schule.
• Voll-EMR: <3 h Leistungsfähigkeit (auch unter Berück­sichtigung Nischen­arbeits­markt).
• Teil-EMR: 3–6 h.
• Höhe: ~30–38 % des letzten Brutto, Mindest-EMR 975 € (Neu 2025).
• Praxistipp: Befunde mit Fokus auf tägliche Schwankungen, Overloads, Recovery-Zeit – Gutachter*innen unterschätzen sonst Erschöpfung.

5.4 Kindergeld & Kinderzuschlag
• Unbefristet, wenn Behinderung vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist und Selbstunterhalt nicht möglich (§ 32 EStG).
• Grenzwert: Eigene Einkünfte/Vermögen dürfen den „Grundbedarf“ (seit 2025: 974 €) nicht abdecken.

6. Pflegeleistungen (SGB XI) – auch bei uns relevant!

6.1 Pflegegrad-Logik
Die Gutachter*innen (MD/Medicproof) bewerten 6 Module, Punkte werden addiert (0-100):
1. Mobilität
2. Kognitive & kommunikative Fähigkeiten
3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
4. Selbstversorgung
5. Bewältigung krankheits- oder therapiebedingter Anforderungen
6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Autist*innen erreichen Pflegegrade meist über Module 3 & 6 (Meltdowns, Weglauftendenz, fehlende soziale Selbstständigkeit).

6.2 Geld, Sach- & Kombileistungen 2025
• PG 2: Pflegegeld 332 € | Sachleistung 760 €
• PG 3: 573 € | 1 432 €
• PG 4: 765 € | 1 778 €
• PG 5: 947 € | 2 200 €
Zudem: Verhinderungs­pflege (2 418 €+), Kurzzeitpflege, Entlastungsbetrag 125 €/Monat (kann für Betreuung, Haushalt oder Gruppen­angebote verwendet werden).

6.3 Pflegehilfsmittel & Wohnraumanpassung
• Pauschale 40 €/Monat für Windeln, Desinfektion, Handschuhe.
• Wohnraumanpassung bis 4 000 € pro Maßnahme (z. B. Akustik-Deckensegel, automatische Jalousien für Lichtempfindlichkeit).

7. Hilfsmittel & medizinische Leistungen (SGB V)

7.1 Heilmittel
• Ergotherapie – Sensorische Integration, Exekutivfunktionen
• Logopädie – Pragmatik, Prosodie
• Genehmigungsfrei bis 10 Einheiten, danach Prüfantrag Kasse.

7.2 Psychotherapie
• Bis zu 60 Sitzungen KVT/TP; Verlängerung möglich.
• Kostenerstattung (§ 13 Abs. 3) falls Wartezeit >6 Wochen oder unzumutbare Entfernung >60 Min.
• Gruppen-CBT für Autismus in vielen Großstädten (Berlin, Köln, München).

7.3 Hilfsmittelverzeichnis – oft unterschätzt
• Noise-Cancelling: Positionsnummer 16.99.99.1999 (seit 2024!)
• Vibrationskissen (Aufmerksamkeitstraining) 11.39.05.xxxx
• OrCam-MyEye (Spezialbrille, Texterkennung) bei Kombination Autismus + Sehschwäche – Einzelfall­entscheidung.

Wichtig: Ablehnung? → innerhalb 1 Monat Widerspruch + ärztliche Notwendigkeits­bescheinigung.

8. Steuerliche Entlastungen – EStG-Know-how spart bares Geld

8.1 Pauschbeträge (§ 33b EStG)
• GdB 20 → 384 €

• GdB 100 → 2 840 €
• Merkzeichen H: Verdoppelung! (GdB 100 + H = 5 680 €)
Tipp: Pauschbetrag wirkt unabhängig von Nachweisen – Quittungs-Sammelei entfällt.

8.2 Außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG)
• Eigenanteile Therapien, Fahrtkosten 0,30 €/km, Zuzahlungen, behindertengerechter Umbau (Abzug ab Zumutbarkeits­grenze).
• Fahrtkosten zur Werkstatt gelten als Werbungskosten, nicht als a. B.!

8.3 Sonderregel Kfz-Steuer
• Merkzeichen H oder aG → komplette Befreiung
• Merkzeichen G → 50 % Ermäßigung

9. Internationale Kurzübersicht (AT · CH)

Österreich
• Behindertenpass: Prozente statt GdB; Autismus meist 50–70 %.
• Pflegegeld (Stufen 1–7): Stufe 3 (451 €) ab >120 h/Monat Hilfebedarf.
• NEBA-Arbeitsassistenz, Jobcoaching, Clearing.
• Steuerlicher Pauschbetrag ab 25 % Behinderung.

Schweiz
• Invalidenversicherung (IV): Eingliederungs­massnahmen (Job-Coaching, Umschulung), IV-Rente.
• Hilflosen-Entschädigung (leicht/mittel/schwer) ergänzt Rente.
• Ergänzungsleistungen (EL): Decken Differenz zw. Existenzbedarf und Einkommen.
myAbility Jobs als Inklusions-Plattform.

10. Antragspraxis – 10 erprobte Hacks

1. Aktenordner A–Z: Trennen nach SBA, Pflege, EGH, Rente.
2. Digitale Kopie jeder Seite (Handy-Scan, PDF).
3. Chronologisches Symptomtagebuch (App, Bullet Journal).
4. „ICF-Sprache“ statt Alltagsrede: „d750 Geldmanagement beeinträchtigt“ statt „Ich kann kein Geld“.
5. Schriftlichen Kontakt bevorzugen – Telefonate protokollieren!
6. Eingangsbestätigungen verlangen oder per Einschreiben/Rückschein senden.
7. Bei Untätigkeit Fristsetzung (§ 88 SGB X) + Androhung Untätig­keitsklage.
8. Peer-Support: Foren (aspies.de), Sozialverband VdK, SoVD.
9. Widerspruch nie ohne neues Material – Gutachten, Arztbrief, Stellungnahme.
10. Bewilligung? Kontrolliert ausgezahlt? Fehlerquote >10 % laut Bundesrechnungshof.

11. Beratungs- & Anlaufstellen

EUTB (Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung) – bundesweit, kostenlos, oft peer-gestützt.
Autismus Deutschland e. V. – Landesverbände mit Sozial-Sprechstunden.
Integrationsämter – Hotline zu Arbeitsplatz­themen.
Sozialverbände VdK & SoVD – Rechtsvertretung bis Sozialgericht (ca. 7 €/Monat).
Behindertenbeauftragte*r des Landes/Kreises – kann vermitteln, Akten­schnell­erledigung anregen.
Online-Beratung](https://www.enableme.com) (EnableMe, Rehadat) – Datenbanken + individuelle Fragen.

12. Häufige Fallstricke
  • „Nur eine Diagnose, keine Beeinträchtigung“ – Gutachten müssen konkrete Alltagsfolgen beschreiben (z. B. „Geräuschpegel über 55 dB ⇒ Panikattacke innerhalb 5 Minuten“).
  • Fristen versäumen → Rechtsverlust. IMMER Kalender führen, Erinnerung im Handy + Papierkalender doppelt setzen.
  • Doppelleistungen verwalten: Pflegegeld + Eingliederungshilfe-Assistenz ist grundsätzlich kombinierbar, aber das Sozialamt kürzt, wenn Pflegegeld schon denselben Zweck deckt. Unbedingt Einsatzzwecke sauber trennen (z. B. Pflegegeld = Grundpflege, EGH = Teilhabe/Alltagsassistenz).
  • Kranken- vs. Eingliederungshilfe: Wer Hilfsmittel „irgendwo“ beantragt, kassiert bei Ablehnung oft die Aussage „Träger nicht zuständig“. Tipp: Parallelbeantragung mit Verweis auf § 14 SGB IX („Leistender Träger“ muss untereinander klären, nicht der/die Antragsteller*in).
  • Werkstatt-Eintritt ohne Zielplanung: Einmal WfbM ⇒ schwerer Wechsel in den ersten Arbeitsmarkt. Vorab prüfen, ob Budget für Arbeit/Ausbildung realistisch ist.
  • „Freund*innen helfen“ statt Assistenzvertrag: Beim Unfall zahlt keine BG, kein Arbeitsrecht greift. Besser Minijob oder Assistenzdienst nutzen.
  • Ablehnung „milder Mittel“: Kasse lehnt Noise-Cancelling ab mit Hinweis auf „Handelsware“. Urteile (SG Düsseldorf S 8 KR 172/20) bestätigen Hilfsmittelstatus; Urteil in Widerspruch zitieren.
  • Autismus wird als „Modeerscheinung“ abgetan: Studien & Leitlinien (DGKJP 2021, NICE 2023) beifügen, Facharztberichte verwenden.
  • Einkommen & Vermögen falsch geschätzt: Bei EGH zählen seit 2023 nur Einkommen/Vermögen der leistungsberechtigten Person, nicht (mehr) das der Eltern/Partner*innen – viele Sachbearbeiter*innen wissen das noch nicht. Paragraphenkette: §§ 135 f. SGB IX.
13. Zeitstrahl & Checkliste – Von Diagnose zur Leistung

0.–3. Monat: Diagnose & Dokumentation
  • Fachärztliche Diagnose sichern (ICD-11 6A02.x).
  • Schriftliche Befunde anfordern (Kopierkosten Beihilfefähig).
  • Overload-Tagebuch beginnen (Datum, Trigger, Dauer, Recovery).
3.–6. Monat: Schwerbehindertenrecht & EUTB-Beratung
  • SBA beantragen; Merkzeichen prüfen.
  • Erstkontakt EUTB: Überblick, Priorisierung, ggf. Begleitung zu Terminen.
6.–9. Monat: Eingliederungshilfe & Berufliche Teilhabe
  • Antrag EGH (§ 102 SGB IX) → Gesamtplanverfahren.
  • Bei Job/Ausbildung: Reha-Status bei Agentur für Arbeit beantragen; IFD einschalten.
  • Parallel Pflegegrad prüfen (Modul 3 & 6).
9.–12. Monat: Finanzen & Steuer
  • Bürgergeld/Grundsicherung klären.
  • Steuerfreibetrag eintragen (ELStAM) – Lohnsteuer sinkt ab Folgemonat.
  • Überprüfung Hilfsmittelversorgung (Noise-Cancelling, Timer, Software).
ab 12. Monat: Review & Anpassung
  • Hilfeplan-Fortschreibung (mind. jährlich).
  • Steuererklärung inkl. Pauschbetrag/außergewöhnliche Belastungen.
  • Lebensumstände ändern sich? → Änderungsantrag SBA/EGH sofort stellen (keine Sperrfrist).
14. Gesetzliche Neuerungen 2024/2025 – Was kommt?
  • Teilhabestärkungsgesetz II (Entwurf)
    • Pauschale Assistenzbudgets (monatlicher Betrag statt Einzelnachweise) in drei Bundesländern im Pilotversuch.
    • Digitale Bedarfsermittlung per Online-ICF-Tool – weniger Papier, aber Datenschutz prüfen.
  • Pflegereform 2025
    • Pflegegeld +5 % (voraussichtlich Juli 2025).
    • Verhinderungs- und Kurzzeitpflege werden zu „Entlastungsbudget“ zusammengelegt (6 Wochen/Jahr).
  • Behindertenpauschbetrag-Anpassung
    • Automatische Dynamisierung an Inflationsrate ab 2026; keine Gesetzesänderung mehr nötig.
  • Langzeit-Bürgergeld-Projekte
    • Modellregionen testen „Barrierefrei-Jobcenter“: Ruheräume, Sensorik-angepasste Terminzeiten, E-Mail statt Vorladung per Brief.
  • EU-Reha-Karte
    • Geplante Einführung 2026 – Anerkennung von GdB/Behindertenstatus EU-weit (Reisen, Events).
15. Fazit – Deine Rechte sind (k)eine Gnade
Sozialleistungen sind kein Almosen, sondern Rechtsansprüche. Die Systeme sind komplex, doch wer strukturiert vorgeht – Diagnose sichern, Bedarf belegen, Fristen wahren, Widerspruch einlegen – erhält spürbare Unterstützung:
  • Mehr Netto vom Brutto (Steuerfreibeträge, Pflegelohnersatz)
  • Entlastung im Alltag (Assistenz, Hilfsmittel)
  • Bessere Jobchancen (IFD, Budget für Arbeit)
  • Sicherheit bei Krankheit oder Erwerbsminderung (Bürgergeld/Grundsicherung, EM-Rente)
Kerngedanke: Autistische Menschen brauchen keine „Heilung“, sondern eine Umwelt, die Unterschiedlichkeit akzeptiert. Sozialrecht ist ein Werkzeug, um diese Umwelt aktiv zu gestalten.
„Menschen mit Behinderung bekommen nicht zu viel – sie erhalten endlich das, was ihnen zusteht.“ – Prof. Dr. jur. Felix Welti, 2024
16. Weiterführende Links & Literatur
  • DGKJP-Leitlinie Autismus (2021): register.awmf.org
  • BMAS (2023): Schwerbehindertenstatistik – bmas.de
  • Bundesteilhabegesetz Kompass (2024) – Deutsche Vereinigung für Rehabilitation (DVfR)
  • REHADAT-Portal: Datenbank zu Hilfsmitteln & Arbeitsplatzgestaltung – rehadat.de
  • EUTB-Standortsuche – teilhabeberatung.de
  • VdK Rechtsberatung – vdk.de
  • Sozialverband SoVD – sovd.de
  • LSG Bayern L 13 R 326/18 (EM-Rente-Urteil)
  • SG Düsseldorf S 8 KR 172/20 (Noise-Cancelling-Hilfsmittel)
  • Broschüre „Autismus & Arbeit“ (Integrationsämter 2024)
Eure Erfahrungen & Fragen?
  • Welcher Antrag lief bei euch problemlos, welcher war ein Krampf?
  • Tipps für Landes-Sonderprogramme?
  • Fragen zu konkreten Paragraphen?
Diskutiert gern hier im Thread – Peer-Input erspart oft monatelange Bürokratie-Loops.

Viele Grüße & Durchhaltevermögen bei der Bürokratie
Euer Admin-Team
Antworten

Zurück zu „Sozialleistungen und Unterstützung“